Kapelle Petra: Ein Hoch auf die Freude

Lieber spät als nie, mein Erlebnisbericht vom Konzert der Kapelle Petra am 5. November im Zürcher Werk 21. Hach, war das grossartig! Aber der Reihe nach. Im Sommer bescherten uns die Booker des Nidwaldner Festivals Muisiglanzgmeind ein Samstagnachmittagskonzert allererster Güteklasse. Kapelle Petra, laut Wikipedia eine deutschsprachige Indie-Rock-Band. 15.00 Uhr, Sonne, Bier, Euphorie. Mein Whipit-Kollege Hug urteilte damals: «Zwar herzig, aber wenig dringlich.» Mag sein. Eventuell reicht ein Festivalgig auch nicht aus, um ein abschliessendes Urteil zu fällen, sei’s drum.

«An irgendeinem Tag wird die Welt untergehen (…) irgendwann gehen irgendwie die Lichter aus und bis dahin machen wir das Beste draus», weil «morgen ist frei» oder «wenn’s mal nicht glatt läuft, dann läuft es eben schräg», sangen wir mit. Wer sich in ihre Platten reinhört, wird merken, dass inhaltlich zwar durchaus noch mehr geht. Aber das sind wunderschöne Geschichten, manchmal zynisch, manchmal lustig oder auch traurig, und trotzdem kommt am Ende alles irgendwie gut. Glücksgefühle auf der ganzen Ebene bei unserem kleinen Fangrüppchen. Da war klar: Tickets buchen, ab nach Zürich im November.

Und da sind wir also, mitten in Zürich. Die Kapelle spielt zu meinem Erstaunen ihre ersten Clubkonzerte in der Schweiz. Dafür bietet das Werk 21 die perfekte, angenehm familiäre Atmosphäre, um dies zu feiern. Gefühlt ein Drittel der Fans war wohl am Vorabend schon in der Raumbar des Kofmehls in Solothurn. Kapelle-Ultras halt. Mit der Band Lampe (ist zwar nur 1 Mann, aber trotzdem eine Band… jawohl) hat die Hauptband einen tollen Support mit auf Tour genommen.

«Rauchen ist nicht annähernd so schlecht wie meine Ernährung, wenn man das überhaupt Ernährung nennen kann.» Was für eine Textzeile nach etwa 30 Sekunden. Da hat er mich im Sack und die Kapelle-Ultras sowieso. Coole Performance des sympathischen jungen Musikers. Leg ich euch ans Herz. Guckt ihr Link unten.

Unser Fangrüppchen ist mittlerweile leicht angesäuselt und bereit für Kapelle Petra. Es braucht nicht sehr lange, und wir sind schon wieder ordentlich euphorisch. Die Tatsache, dass man im Werk 21 nur bar bezahlen kann, tut dank des prall gefüllten Geldbeutels eines Mitgliedes unseres Fangrüppchens der euphorischen Stimmung keinen Abbruch.

Mit Schwerpunkt auf das aktuelle Werk Die vier Jahreszeiten und den Vorgänger Nackt wird ein wenig dringliches, aber umso mitreissenderes Set dargeboten. Auf einen inhaltlich dringlichen Song wie Wirtschaftsflüchtling verzichten sie, dafür spielen sie mit Geht mehr auf Konzerte aus dem 2013er-Album Internationale Hits einen Song, der aufgrund der momentan düsteren Lage im Konzertbusiness aktueller denn je daherkommt. Ansonsten trainiert die biertrinkende Bühnenskulptur Gazelle für Olympia, und manche liegen halt lieber rum, weil ihnen eine Bundesjugendspieleteilnahmebescheinigung reicht. Die Leute singen, hüpfen, schütten Bier aus (wir zumindest) und feiern. Wunderschöne Geschichten, zum Glück ist morgen frei. Ich und mein Hund fehlt, verdammt, deshalb weiter unten ebenfalls der Link dazu.

Am Merch-Stand stellt sich dann noch kurz Ernüchterung ein. Aufgrund der Zollbestimmungen der Schweiz ist der ganze Stuff nur via QR-Code bestellbar und wird einem dann hinterhergeschickt. Das entspricht so gar nicht meiner Vorstellung von Nach-dem-Konzert-Kaufeuphorie und so… Unser kleines Fangrüppchen taumelt trotzdem glücklich nach Hause. Wie wir das geschafft haben, ist mir bis heute ein Rätsel. «Also stossen wir an, auf die Liebe, auf das Leben und auf ‘ne gute Zeit.» Kapelle Petra, wir kommen wieder!

Beni von Büren
beni@whipit.ch

Muss man mit Ü40 noch anfangen für einen Musikblog zu schreiben? Eigentlich nicht. Aber in Vernunft war ich noch nie besonders gut.

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