Napalm Death: Scheeni Muisig

Wie sagt man eigentlich dieser Bodenwelle, die die Marvel-Helden im Kino immer auslösen, wenn sie vom Himmel heruntersausen und auf der Erde landen? Genau so platzten Napalm Death 1987 mit ihrem Debüt Scum aus heiterem Himmel in die internationale Metal-Szene – der Impact dieser Engländer wirbelte alles durcheinander. Erst wusste niemand genau: War das noch Punk oder war das schon Metal? Und wie sollen wir denn Metal mit so sooooo viel Tempo und vor allem soooo viel Härte nennen? Grind? Death? Grindcore? Brutal? Zum Glück kamen um dieselbe Zeit andere Bands mit ähnlicher Musik und Gesinnung auf, die dann alle im dafür gegründeten Label Earache eine Heimat fanden. Morbid Angel zum Beispiel, Sleep, Carcass, Terrorizer.

Aber kaum war diese Frage geklärt, folgte der zweite Impact auf die Musikwelt: Mitglieder verliessen Napalm Death und gründeten eigene Bands, die einerseits musikalisch weit weg von Grindcore waren und deren Musik man anderseits so noch nie zuvor gehört hatte. Lee Dorrian zum Beispiel mit Cathedral, Justin Broadrick mit Godflesh, Mick Harris mit Scorn, Mitch Harris (sic!) mit Meathook Seed, die Lage wurde relativ schnell unübersichtlich, die Ergebnisse aber waren allesamt spannend. Man müsste da mal einen Stammbaum aufarbeiten.

Nun denn: Die jetzige Formation mit Danny Herrera, Shane Embury, Mark Greenway und John Cooke ist seit 2014 stabil, wobei die ersten drei schon seit zwei Jahrzehnten bei der Band sind. Das hörte man ihrem Konzert am 22. Juli im Luzerner Sedel bestens an: So ein hohes Tempo, gepaart mit dieser unglaublichen Virtuosität aller Instrumentalisten und kombiniert mit einem dermassen hohen Aggressionslevel erfordert sehr sehr viel Gespür fürs Zusammenspiel – was die vier Jungs aber sowas von locker zustande brachten. Da sind viele Deathmetal-Bands Langweiler dagegen. Was dann wiederum die Hug und den Hug sehr erfreuten, denn der Auftritt vor vier oder so Jahren am Meh Suff war recht scheisse, man kann das nicht anders sagen. Aber seit dem Sedel wissen wir: Es lag damals nur am Mix, und wahrscheinlich auch am Openair: Im Club kommt Napalm Death besser als im Freien, das war schon in den Achtzigern und Neunzigern so.

Wunderbar war Sänger Mark Greenway: Dass er nach so vielen Jahren Grindcore immer noch eine Körperlichkeit hinbringt, als hätte er soeben rasend existentialistisch den Punk erfunden, ist so erstaunlich wie erfreulich. Das erinnerte gäbig an James Pligge von Harm’s Way, aber der ist viele Jahre jünger als Greenway. Fazit: Napalm Death we love. Und sorry Meh Suff.

Reden wir noch ein bisschen ums Drumherum herum: Der Club war ausverkauft, Organisator Ruben war glücklich und wie immer gut gelaunt, das Antiallespunkmagazin Romp lag in seiner vielleicht letzten Ausgabe auf, im Vorfeld spielten die Luzerner Sin Logica ganz schön und die Auch-Luzerner Gstürm ganz lustig, der Barmann ist ein Netter, und hey: Als die Hug und der Hug dieses herrliche blaue Napalm-Death-T-Shirt mit Einhorn kaufen wollten, war die grösste Nummer dem Hug zu klein und die kleinste Nummer der Hug zu gross. Das haben wir ja auch noch nie erlebt:

Und weils so schön war, haben wir ein Filmli gemacht:
Christian Hug aka Huig
christian@whipit.ch

«I’m runnin' with a burnin' spirit that I can’t control», sagt Si, und er hat ja sowas von recht. Der Bruce weiss die einzig richtige Lösung: «I’m running free.» Und am Ende bleibt, was John Lee schon immer wusste: «It’s all the Blues.» The Numbers of the beast: 1965, 189,6370, 3. christian-hug.ch

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