Silent Disco: Quietschende Loslösung

Letzthin habe ich das erste Mal bei einer Silent Disco aufgelegt. Es war auch das erste Mal, das ich überhaupt an einer Silent Disco war. Und es war sogar das erste Mal, dass ich gleichzeitig mit zwei anderen DJs aufgelegt habe. Es war das erste Mal, das ich mit meinem Bruder aufgelegt habe. Und mit meinem Vater, aber das war nicht das erste Mal, da wir ja ab und zu als DJ-Duo Zug um Zug mit Hug und Hug auflegen (uns kann man buchen, weisch). Es war jedoch das erste Mal, dass ich quasi gegen ihn aufgelegt habe, und nicht mit ihm. Und man möchte ja, dass die Gäste die Musik auf meinem Kanal mögen. Alles in allem: Ich freute mich, als 3x Hugsche DJs aufzulegen, war zu Beginn jedoch ziemlich skeptisch, wie das wird, diese Silent Disco. 

Für die, die das Konzept der Silent Disco nicht kennen: Da haben die Gäste Kopfhörer auf und können unter verschiedenen Kanälen auswählen und switchen – cool natürlich, wenn drei verschiedene Musikstile aufgelegt werden. Man sieht an einem Lämpli am Kopfhörer, wer gerade welchen Kanal hört. Im Raum ist es also still, weil alle in ihren Kopfhörern versinken. Was eigentlich enorm absurd ist, wenn man bedenkt, dass man ja im Ausgang miteinander eine gute Zeit haben möchte, sich aber alle mit den Kopfhörern abschirmen.

Oh, wie ich mich geirrt habe. 

Es war tatsächlich total schön. Ich, DJ All-In, habe 70- und 80er-Jahre-Disco- und -Nicht-Disco-Hits abgespielt, mein Bruder Cedric, DJ CyberBeat, hat elektronische Tanzmusik abgespielt, und mein Vater, DJ Huig, hat abgedrehtes, sphärisches Weltmusikzeugs abgespielt. Also drei komplett verschiedene Arten Musik. Einige haben miteinander zu der elektronischen Musik getanzt, andere haben im Päärchentanz zu Lay All Your Love On Me von ABBA ihre besten Tanzkünste gezeigt, wieder andere standen im Kreis, redeten miteinander, während nur ein Ohr bedeckt vom Kopfhörer war, und immer wieder haben auf Kommando eines treuen Zuhörers alle gleichzeitig auf den roten Kanal (der vom Huig) gewechselt, und haben miteinander diskutiert, was das nun schon wieder für spannende Musik ist, die hier läuft. Es war also nicht wirklich still, man hörte Menschen miteinander reden oder hörte Sneakers, die durchs Tanzen auf dem Boden quietschten. 

Was aber noch schöner war: Es haben tatsächlich viele zur Musik mitgesungen. Ziemlich selbstvergessen, weil auch von der eigenen Stimme abgeschirmt durch die Kopfhörer. Irgendwann hörte ich ein Aussengeräusch, das komisch quietschte. Es waren nicht die Sneakers, es klang eher wie eine laute Maus. Ich hatte gerade Kate Bush auf meinem Kanal – und die Sangen tatsächlich selbstvergessen mit. Alle, die schon versucht haben, bei Kate BushsSongs mitzusingen, wissen: Das geht einfach nicht, weil zu hoch. Aber in der Silent Disco war es wunderschön, das quietschige Mit-Singsangen zu hören, weil das hiess: Es war ihnen egal, ob man sie hören konnte. Es war ihnen auch egal, die Töne nicht zu treffen. Sie haben den Moment einfach genossen. Wie schön ist das denn? 

Auch witzig war, als ich Major Tom von Peter Schilling abspielte: Plötzlich sangen alle auf meinem Kanal lauthals «Vöööööllliiig loosgelööööst, vooon der Eeeeerdeeeee». So laut, dass alle es hören konnten. Es entstand tatsächlich so etwas wie ein Gemeinschaftserlebnis.

Ich war spätestens ab diesem Moment losgelöst von meinen Bedenken gegenüber der Silent Disco. Und jetzt kann man uns Hug-DJs auch zu dritt buchen, weisch. 

Aline Hug
aline@whipit.ch

Aline ging wiedermal All In mit diesem Blog - denn wie DEVO schon sang: When a problem comes along, you must whip it.

1 Comment
  • Ren
    Posted at 18:28h, 02 Juni Antworten

    Wunderbar geschrieben…♥️

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