
17 Jan Whipit wichtelt: Beni kriegt Dead Pioneers von Dead Pioneers
Schenken: Wir wichteln. Jede/r Whipitler/in zog einen Namen und musste dieser Person eine LP oder eine CD senden (die Art des Tonträgers konnte man im Voraus deklarieren). Der/die Beschenkte muss das Album besprechen und tippen, von wem das gute Stück versendet wurde.
Auspacken: «Dieses Cover kommt mir bekannt vor» dachte ich beim Auspacken der Platte, nur zuordnen konnte ich es noch nicht. Lässt einiges an Spielraum offen. Als mir nach 5 Sekunden «America is a pyramid scheme and you ain’t at the top!» oder «The foundation of this country is rooted in slaveryand genocide born in the bosom of colonialism» an den Kopf geworfen wird ist klar, das wird eine politische Angelegenheit. Die anklagende Stimme gehört Gregg Deal, laut Wikipedia «ein Künstler und Aktivist, dessen Arbeit sich mit indigener Identität und Popkultur beschäftigt und dabei Fragen der Rassenbeziehungen, historischer Betrachtung und Stereotypen berührt« und eben Sänger der Dead Pionieers. Die Band wurde ursprünglich zwecks musikalischer Untermalung Greg Deals Performance Kunst ins Leben gerufen und veröffentlichte 2023 in den USA ihr Debut, welches seit 2024 in Europa auf Vinyl erhältlich ist. Er selbst ist halb weisser Amerikaner und halb amerikanischer Ur-Einwohner sowie eingetragenes Mitglied des Pyramid Lake Paiute Tribe Reservat.
Deals grösster Einfluss liegt nach eigener Aussage bei Henry Rollins. Dead Pioneers klingen demnach wenig überraschend nach Old School Hardcore Punk und viel Spoken Word. Ein bisschen erinnert mich das an Ex-Dead Kennedy Jello Biafra. In den insgesamt lediglich 22 Spielminuten wird Amerikas Umgang mit indigenen Völkern sowie Minderheiten aller Art, wohl zurecht, ausgiebig angeprangert. Das knapp 3-minütige Spoken-Word-Stück Bad Indians, meines Erachtens das Herzstück der Platte, führt einem auf sarkastische Art und Weise stereotypisches und alltagsrassistisches Denken vor Augen. Greg Deal sieht sich darin als Bad Indian, weil sein Nachname nicht aus einem ganzen Satz bestehe oder er sein Gegenüber enttäuschen muss, weil sein „Indianer-Name“ eben Gregg sei und nicht Red Eagle oder Two Rivers. Insbesondere aber, weil er lebe, denn in Amerika sei eben nur ein toter Indianer, ein guter Indianer.
Bei 5 von 12 Nummern handelt es sich um reine Spoken Word Stücke. Wenn sie dann mal spielen, dann rumpelt es doch ordentlich und geht gut nach vorne. Die Essenz liegt jedoch beim Inhalt. Man muss den Texten zuhören und sie verstehen, ansonsten bleibt einem grösstenteils die Dringlichkeit dieses Albums verborgen. Was gesagt wird ist wichtig und richtig, noch besser fände ich es, in Songs verpackt, Spoken-Word holt mich eher nicht so ab.
Vermutung: Anfänglich dachte ich, das sei so Aline-Musik, aber irgendwie dann doch nicht. Also muss mein Wichtel fast der Hug sein. Ich könnte mir vorstellen, dass es ihm Freude bereitet, mich mit so einem hochpolitischen Brocken ein bisschen herauszufordern.
Auflösung: Geschenkt von Aline. Sie meint dazu: „Beni kennt meinen Geschmack sehr gut, deshalb musste ich ihm etwas schenken, dass ich selbst noch nicht kannte, um mich nicht gleich zu verraten. Ich habe mich im Old Town Record Store in Luzern beraten lassen, gesagt was mir gefällt und was ich etwa dem Beni schenken möchte. Als die Platte zum Probehören aufgelegt wurde, wusste ich: Das ist was für Beni. Und mich. Und das gibt einen spannenden Beitrag.“
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