Muisiglanzgmeind: «Macht mal Lärm für Wolfenschiessen!»

(Hinweis: Die Luzernerzeitung hat die Berichterstattung von Whipit-Huig leider stark sinnverändernd gekürzt. Deshalb: hier das Original)

Das war sie jetzt also, die vieldiskutierte, langersehnte und zweimal wegen Corona verschobene Muisiglanzgmeind in Wolfenschiessen, die Wiederauferstehung der heute in Nidwalden als Kult geltenden Ur-Muisiglanzgmeind vor 13 Jahren mit einer neuen, jungen, emsigen Veranstalter-Crew: Drei Tage Openair im Engelbergertal, drei Tage Musik und Party, drei Tage Leute treffen und «brichte», wie man im Chrachen hinten sagt. Plus einen Bonus-Kindertag mit Kinderbands und Gumpischloss.

Dabei haben die Organisatoren von Anfang an alles auf Gross und Wenn-schon–denn-schon-Richtig ausgelegt. Sprich ein Openair mit Campingzone, Extrazügen, Behindertentoilette, Food-, Lounge- und Schliessfächer-Zone, drei Konzertbühnen plus Partyzelt plus Zelt für Sponsorenanlässe plus ein Kleiderverkaufsstand für alle, die ihren Pulli zu Hause vergessen haben. Plus (die sah man nicht, ist aber sehr wichtig) eine ordentliche Backstage-Zone für die auftretenden Musikerinnen und Musiker. Alles ausgelegt auf insgesamt 11’000 Besucherinnen und Besucher an vier Tagen, Mittwoch bis Samstag.

Angesichts dieser schieren Grösse und auch angesichts des Umstands, dass das 16-köpfige Veranstalterteam mit über 400 freiwilligen Helferinnen und Helfern die neue Muisiglanzgmeind im Sinne einer Feuertaufe zum ersten Mal durchgeführt hat, ist der reibungslose Verlauf dieser vier Tage überaus bemerkenswert. Es gab keine Pannen, die dem Publikum wirklich aufgefallen wären, alles hat geklappt – bis auf das digitale Zahlungssystem, das ist ausgefallen, weshalb man im ganzen Festival nur mit dem guten alten Bargeld bezahlen konnte.

Die vorbildliche Organisation gründet sicher auch im Umstand, dass die Kerncrew letztes Jahr quasi als coronabedingten «vorläufigen Ersatz» des Festivals die Veranstaltungsreihe Niederderfli in Stans durchgeführt hat.

Einigermassen breites Stilspektrum

Aufgetreten sind 21 Bands und 15 DJs – bis auf eine (Kapelle Petra aus Deutschland) beziehungsweise zwei Ausnahmen (Delinquent Habits aus Los Angeles, aber der DJ ist ein Schweizer und der eine Rapper ist mit einer Schweizerin verheiratet) waren es ausschliesslich Schweizer Bands. Das hat einen einfachen Grund: Corona. Beziehungsweise eine höhere Planungssicherheit für die Veranstalter dank einheimischen Bands. Wie umsichtig dieser Entscheid war, zeigte sich an der Band, die die dritte Ausnahme gewesen wäre: Die Italiener Uncle Beard & The Dirty Bastards mussten sehr kurzfristig wegen der Corona-Erkrankung eines Musikers absagen. Mit den Urnern Daens kam dann ein (leider halbbatziger) Ersatz.

Dabei war die Programmierung zwar ganz klar auf Massentauglichkeit ausgelegt, aber immer wieder gabs als Gegenstück kleine Perlen für Fortgeschrittene – und natürlich den einen und anderen Abschiffer.

Die Freistiler The Hydden zum Beispiel und die Bluesrocker Basement Saints legten fantastisch dichte Auftritte hin, während  die Halbrockband Wise Fools klang wie eine dürftige Schülerband und die Kapelle Petra herzige, aber wenig dringliche Lieder sang. Baba Shrimps spielten am Donnerstag amtliche, aber konturlose Hitparadenmusik, während am Freitag Lo & Leduc das Publikum souverän im Griff hatten.

Überhaupt der zweite Abend, der auf der Hauptbühne auf Hip Hop ausgelegt war: Zuerst der Luzerner Mimik mit Verstärkung: jung, schnell und treibend zappelig. Danach Delinquent Habits: das Oldschool-Gegenstück zu Mimiks, cool, entspannt und tanzbar. Und danach eben Lo & Leduc, die in Grossformation mit 10 Leuten auf der Bühne via Hip Hop ihre beeindruckend eigene musikalische Sprache gefunden haben.

Veronica Fusaro tüpfte derweil in der Zeltbühne die richtigen sanften Töne, Manillio als letzter Act am Samstag auf der grossen Bühne hingegen war zwar liebenswürdig, aber in so engen musikalischen Grenzen, dass da kaum Begeisterung aufkommen konnte. Auch Hebdide, die Nidwaldner Lokalmatadoren der Muisiglanzgmeind, spielten zwar dicht und gut, konnten die grosse Bühne aber nicht ganz ausfüllen. Und in der Kaffee-Stubä gabs immer wieder waschechten Ländler.

Es geht weiter

Nach diesem (sagen wir mal:) Potpurri an Bands können sich die Organisatoren nun daran machen, für die nächste Muisiglanzgmeind die Programmierung zu perfektionieren. Ein Hip-Hop-Act nach drei Stromgitarrenbands zum Beispiel, wie am Samstag geschehen, ist eigentlich ein No-go. Und während der Sound auf der grossen Bühne perfekt abgemischt war, liess der Mix in der Zeltbühne meist zu wünschen übrig.

Aber für die erste Durchführung war das «Potpurri» und die Ausrichtung auf mehrheitlich massentaugliche Bands der richtige Entscheid. Weil man ja erst auch mal in Real schauen und prüfen muss, was wie gut funktioniert oder eben nicht. Und was für ein allenfalls spezialisierteres Publikum in Zukunft angesprochen werden soll.

Auch die Lage der Zeltbühne, des Partyzelts und der Kaffee-Stubä so dicht nebeneinander war eine suboptimale Idee: Da haben sich die verschiedenen Musiken empfindlich gegenseitig gestört. Aber eben: Die Muisiglanzgmeind 2022 war die Feuertaufe, ab jetzt geht’s in die Feinarbeit. Die Premiere als Ganzes jedenfalls darf man als sehr gelungen bezeichnen.

So sieht das auch Flavio Odermatt, der Sprecher der Muisiglanzgmeind, am Sonntagmorgen: «Wir sind sehr zufrieden! Es gab keine grossen Zwischenfälle und keine nennenswerten Pannen, und die Rückmeldungen aus dem Publikum sind bis jetzt sehr positiv.» Es ist also zu rechnen, dass es eine zweite Muisiglanzgmeind geben wird. «Ja», sagt Flavio Odermatt, «das haben wir jedenfalls vor. Aber sicher noch nicht nächstes Jahr.»

Und die Bilanz am Schluss: Erwartet wurden insgesamt 11’000 Besucherinnen und Besucher. Erschienen sind nur 8000. Da wäre mehr dringelegen. Aber wie gesagt: Auch ein Festival muss sich seinen guten Ruf und seine Kontur hart erarbeiten. So gesehen war das schon mal ein toller Anfang.

www.muisiglanzgmeind.ch

Basement Saints

Manillio

Tequila-Verteilung während Delinquent Habits

Drei Whipitler treffen sich: Das obligate Bild. Huig, Hug und Beni.

The Roli von The Hydden

HEBDIDE!

Und weils so schön ist jeden Abend das gleiche Bild zu machen: Hug auf Hug

Christian Hug aka Huig
christian@whipit.ch

«I’m runnin' with a burnin' spirit that I can’t control», sagt Si, und er hat ja sowas von recht. Der Bruce weiss die einzig richtige Lösung: «I’m running free.» Und am Ende bleibt, was John Lee schon immer wusste: «It’s all the Blues.» The Numbers of the beast: 1965, 189,6370, 3. christian-hug.ch

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